IST KLEIN. Sie besteht (abgesehen von den Künstlern) aus ungefähr neuntausend Kultur-Gschaftlern (Kustoden, Galeristen, Mäzene, Sammler, Kritiker u. a.) in New York, Paris, London, Rom, Mailand, Berlin, München und Düsseldorf, und vielleicht noch weiteren tausend, verstreut über die restliche Welt. Resümierend kann man sagen, dass die Welt der Kunst etwa zehntausend Seelen zählt.
Die Meinung, dass die Öffentlichkeit in der modernen Kunst irgendetwas akzeptiert oder ablehnt, verachtet, ignoriert, nicht begreift, verkümmern lässt, von vornherein zunichte macht oder irgend ein anderes Verbrechen wider die Kunst im Allgemeinen oder den einzelnen Künstler im Besonderen begeht, ist ein großer Irrtum. Das Spiel ist längst vorbei, und die Lorbeerkränze sind schon lange umgehängt, wenn die Öffentlichkeit schließlich erfährt, was los ist. Die Öffentlichkeit, all jene Philister, Penner, Selbstdarsteller, Busladungen voller Neugieriger, Onkel und Tanten – und zwischendrin noch ein paar Intelektuelle – , sie sind nichts anderes als Touristen, Autogrammjäger, Gaffer, Sterndeuter, was das Spielchen Erfolg in der Kunst anbelangt. Die Öffentlichkeit steht vor vollendeten Tatsachen und vielleicht vor einer Information, die üblicherweise in Form eines Berichtes im Kulturteil einer Zeitung verbreitet wird. Wie gesagt, vor einer Information. Nicht einmal Massenmedien wie Rundfunk und Fernsehen sind in der Lage, einen Künstler zu entdecken oder seinen Wert festzulegen. Sie können lediglich die Botschaft verkünden, welche Künstler die Kultur-Gschaftler entdeckt und abgesegnet haben. Sie können nur noch die Ergebnisse bekannt geben.
Allmählich begreift wenigstens das engagierte Publikum, dass die moderne Kunst nach dem Ersten Weltkrieg allen Ruhm der Erfüllung nicht etwa deshalb genoss, weil sie endlich verstanden oder endlich gewürdigt wurde, sondern deswegen, weil ein paar Leute aus den richtigen Kreisen ihre eigene Verwendung dafür fanden.
Manfred Pichler