Einige Gedanken zu fotografischer Kunst
Wenn Aglaja Arkadi schreibt, dass dort, wo die ästhetische Botschaft für mich im Vordergrund steht, meine Arbeiten konnotativ angelegt sind, dann meint sie damit wahrscheinlich, dass durch meine Fotografie immer assoziative, emotionale und wertende (Neben-)Bedeutungen wachgerufen werden. Und dass es mit ihr nie so ist, wie mit einem Sonnenuntergang: schön anzusehen und damit fertig.
Ob mich jemand als fotografischen Inszenator, fotografischen Autor, freien Fotografen, Meisterfotografen, sozialkritischen Fotografen oder subjektiven Fotografen bezeichnet – es ist mir einerlei. Nur Fotokünstler sollte mich niemand nennen.
Ich rede weder der von einigen fotografischen Zwergen propagierten und von der Fotoindustrie geförderten Knipserei das Wort, noch trete ich für eine Fotografie ein, deren Produkte von selbsternannten Theoretikern durch schwülstige, pseudoakademische Formulierungen hochgejubelt werden.
Meine Objektinszenierungen werden durch gezielte In-formation (Einformung) von bestimmten Objekten in vorhandene Ensembles zu Trägern gewollter Information.
Für das Besondere gibt es diskrete Merkmale: zum Beispiel die wirklichen Knopflöcher in den Ärmeln eines Maßanzuges oder der mitvergrößerte Rand eines Negativs, der dem Kenner signalisiert, dass der Fotograf dem Bild die Qualität schon im Moment der Aufnahme gegeben hat und nicht erst im Labor durch die Wahl eines bestimmten Ausschnitts.
„Kunst mit Fotografie“ bedeutet für mich mehr als bloß integrative Verwendung von Fotografie in der bildenden Kunst.
Wenn ich an die vielen Fliegengewichtsknipser denke, die sich als „Fotokünstler“ sehen und ihr Geknipse als „künstlerische Fotografie“ anbieten, kann ich mich eigentlich nur über die bildende Kunst definieren.
Meine Fotografie ist nicht natürlich und nicht technisch, sie ist nicht handwerklich und nicht wissenschaftlich. Sie sollte vor allem den um sich greifenden Zweckrationalismus verunsichern und anregend sein für Denkprozesse in Richtung einer allgemeinen Veränderung der Erlebnisweisen. Kurz gesagt: Sie ist in erster Linie politisch.
Ich inszeniere Realität – und so sehe ich mich als „schöpferischen“ Fotografen. Meine Intention führt fort vom Primat des Abbildes und hin zu dem des Sinnbildes und ist geleitet von gestalterischen und kompositorischen Eingriffen.
Für mich sind meine Arbeiten doppelte Inszenierungen: Zum einen stelle ich für meine Fotos „Szenen“ vor die Kamera, zum anderen stelle ich die gemachten Fotos zu Reihen oder Zyklen zusammen oder ich kombiniere sie in Doppelbildern miteinander oder mit Texten.
Unter Fotokunst verstehe ich das Entstehen bestimmter künstlerischer Ausdrucksformen mit Hilfe des konzeptionellen Einsatzes des Mediums Fotografie. Die Frage lautet nicht: Wie gut kann Wirklichkeit fixiert werden? Sondern: Wie kann die Fotografie mit all ihren spezifischen Eigenschaften bei der Herstellung von Kunst Verwendung finden?
Wichtig ist die Idee, die einem Kunstwerk zugrunde liegt. Die Idee kann, aber sie muss nicht realisiert werden. Um sie anderen zu übermitteln, bediene ich mich des „Beförderungsmittels“ Fotografie.